Tallinn, Estlands Hauptstadt, im Herzen des Baltikums lädt mit seiner wunderschönen, mittelalterlichen Altstadt unweigerlich zu einem Besuch ein. Die Stadt hat es geschafft, das Flair der Vergangenheit mit der Moderne zu kombinieren und dabei immer noch das mystische Feeling beizubehalten, das einen überkommt, wenn man durch die engen Gassen entlang der Steinmauern mit seinen etlichen Wachtürmen spaziert.
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Fähre: Helsinki - Tallin Ankunft Stadtmauern
Altstadt (Vanallin) und Marktplatz Alexander-Newski-Kathedrale St. Olai Kirche, der Tallinner Dom und Nikolaikirche Fazit
Tallinn stand eigentlich nicht auf der Liste, als wir unseren Skandinavien/Baltikum Rundtrip geplant haben. In Helsinki angekommen entschied ich mich aber eines Abends spontan, am nächsten Morgen mit der Fähre nach Estland zu fahren und ein paar Stunden in Tallinn zu verbringen, bevor es am selben Nachmittag wieder zurück gehen sollte.
Fähre: Helsinki - Tallinn Es gibt zwei Fähren, die Tallinn von Helsinki aus anfahren, zum einen die Viking Line, zum anderen die Tallink Fähre. Die Viking Line ist etwas billiger, dafür aber auch länger unterwegs. Ich entschied mich daher für eine Fahrt mit Tallink. Die 80 km legt die Fähre in knapp 2 Stunden zurück. Da ich erst den Abend davor gebucht hatte, waren die Preise für die Tickets verhältnismäßig hoch. Einige der Abfahrtszeiten waren für den Tag bereits ausgebucht und so nahm ich eine der ersten Fähren des Tages für die Hinfahrt und fuhr gegen 15 Uhr wieder zurück nach Helsinki. Warum auch immer, bekam ich am Checkout einen großzügigen Discount und sparte am Ende fast 30% mit dem "Tagesticket". Man kann z.B. auch Fähren von Stockholm oder Sankt Petersburg nach Tallinn nehmen, oder aber auch bequem per Flugzeug anreisen. Zudem fahren viele Kreuzfahrtschiffe auf ihren Ostseerouten Tallinn an. Es war Anfang Dezember, die See war stürmisch und rau - die zwei Stunden Überfahrt etwas schaukelig. Ich hatte mir für Tallinn weder eine Stadtkarte gekauft, noch im Netz recherchiert, was es überhaupt zu sehen gibt. Ich wollte einfach los, die Stadt auf eigene Faust erkunden und hatte den grandiosen Plan, einfach von Kirche zu Kirche zu spazieren und mich an den Dächern und Kuppeln zu orientieren.
Ankunft Der Fußweg vom Fährterminal zur Altstadt sollte nicht unterschätzt werden. Man sollte genug Zeit einplanen. Wenn dir ein halber Tag in Tallinn nicht reicht, kannst du natürlich auch ein/zwei Nächte dort verbringen und dann wieder per Fähre/Flugzeug zurück. Oder aber du nimmst die erste Fähre des Tages hin und die letzte zurück. So würde dir etwas mehr Zeit bleiben, das schöne Tallinn zu erkunden. Achtung: Diesen Plan werden sicherlich noch einige andere Reisende haben, deshalb sind gerade die Nachmittagsfähren oft schon einige Zeit im Voraus ausgebucht. Der Jahreszeit entsprechend war es kalt, aber die Perlen des Baltikum bzw. Skandinavien zur Vorweihnachtszeit im winterlichen Flair zu besuchen, ist es allemal empfehlenswert. Stadtmauern Als erstes ging es intuitiv zu den Stadtmauern Tallinns, die schon vom Fährterminal schon am Horizont zu sehen war. Das Dach der dicken Margarethe, ein mit 25 m Durchmesser ehemaliger Kanonenturm, war schön beleuchtet und öffnete den Weg in die Altstadt. Zwei Drittel der originalen Stadtmauer sind bis heute erhalten und lassen einen zurückdenken an Estlands Macht und Stärke zu früheren Zeiten.
Es ging vorbei an verschiedenen Wachtürmen, durch den kleinen Stadtpark, der um die Mauern lag, weiter durch enge Gassen, bis ich schließlich am Kiek in de Koek (deutsch: Guck in die Küche) ankam. Einem ehemaligen 38 m hohen Verteidigungsturm, im dessen Innerem sich heutzutage ein Museum befindet. Seinen Namen verdankt der Turm seiner Vergangenheit, als in ihm noch Soldaten stationiert waren und man von dem Turm aus sprichwörtlich in die Küchen der Tallinner schauen konnte. Es war noch relativ früh am Morgen, sodass die Gebäude und menschenleere Plätze eine angenehme Ruhe austrahlten. Altstadt (Vanalinn) und Marktplatz Die Altstadt liegt auf einem Hügel, umringt von den Steinmauern und wurde zum UNESCO-Weltkulturerbe ernannt. Im Zentrum befindet sich der Marktplatz, auf dem sich ein schnuckeliger Weihnachtsmarkt befand. Ich schlenderte an den verschiedensten Ständen vorbei, auf der Suche nach etwas typischem für den Magen und probierte Glögg (eine Art Glühwein) und ein paar vor Ort geräucherte traditionelle Wildschweinwürstchen. Für Vegetarier/Veganer gibt es genug Alternativen.
Der Marktplatz ist umgeben von mittelalterlichen Häusern, in denen sich heute Cafés, Shops und Restaurants befinden. Die historischen Fassaden sind alle recht schmal, aber wunderschön dekoriert und bemalt. Das gotische Rathaus strahlte eine unglaubliche Ruhe aus und ich fühlte mich für einen Moment in die Vergangenheit versetzt. Rund um den Marktplatz und eigentlich in der gesamten Altstadt findet man außerdem noch etwas, wofür das Baltikum berühmt ist: Bernstein. Wenn du Fan bist, wirst du hier so ziemlich alles finden, was das Bernstein-Herz begehrt.
Weiter ging es durch die kleinen Gassen zum nächsten Kirchturm, der Heiliggeistkirche. Sie ist die kleinste der mittelalterlichen Kirchen in Tallinns Altstadt. Ich hatte leider Pech, denn die einzigen beiden Kirchen, die ich an dem Tag besichtigen konnte, war die Alexander-Newski-Kathedrale und der Tallinner Dom. Alle anderen waren leider geschlossen. Vor ein paar Jahren noch hätte mich ein Tagesausflug nach Tallinn null interessiert. Durch die Stadt laufen und mir Kirchen, alte Gebäude und Überbleibsel der Vergangenheit anschauen? Kultur? Muss das sein?
Heutzutage ist es eher genau das Gegenteil. Ich könnte stundenlang einfach nur durch die alten Gassen schlendern und mir vorstellen, wie hier das Leben früher gewesen sein muss. Oder mich in ein Café setzen, die Einheimischen im Vorbeigehen beobachten und mir vorzustellen, wie ihr Leben hier in Tallinn wohl aussehen mag. Tipp: Falls du planst Museen zu besuchen - Die meisten von ihnen sind Montags und Dienstags geschlossen. Alexander-Newski-Kathedrale Die prachtvollste Kirche in ganz Tallinn ist wohl zweifellos die Alexander-Newski-Kathedrale. Als Zeichen des Wohlstands im damaligen Zarenreich gebaut, ist dieses Überbleibsel der Russen bei den Esten allerdings nicht sonderlich beliebt.
Die wunderschönen, schwarzen Zwiebelkuppeln, die Verzierungen, der Baustil. Traumhaft. Russisch orthodoxe Kirchen gehören für mich zu den schönsten Bauwerken überhaupt.
Der Eintritt ist kostenlos, das Fotografieren im Inneren verboten. Der Innenbereich ist wunderschön, farbenfroh und glamourös, egal wo man hinschaut, es springt einem immer und immer wieder ein neues Detail ins Auge. Seien es Bemalungen, Verzierungen oder altrussische Schriften. Ich blieb einige Zeit in der Kirche, schaute den Babuschkas beim Beten zu, versuchte die gesamte Schönheit einzusaugen und im Kopf abzuspeichern, bevor ich schließlich die Kirche verließ. Für mich eins meiner Highlights des Tages. Direkt gegenüber befindet sich das Schloss Toompea, das früher von Herrschern als Residenz genutzt wurde. Heutzutage dient es als Parlamentsgebäude und es tagt dort das Estnische Parlament.
An den Steinmauern entlang, hindurch durch kleine Tore und vorbei an winzigen Geschäften kam ich auf einmal an einer Anhöhe heraus. Um mich herum waren plötzlich viele Touristen, ich hörte Französisch, Englisch, Deutsch. Kameras klickten. Souvenirgeschäfte, Bäckereien und Cafés, dicht an dicht. Ein Duft von Karamell lag in der Luft. Ich ging weiter und stand unerwartet auf der versteckt liegenden Kohtuotsa Aussichtsplattform am äußersten Rand des Dombergs mit grandiosem Blick über die Stadt und Ostsee (Finnischen Meerbusen). Der Himmel klarte auf, die frische, klare Winterluft wehte mir um die Nase und ich fühlte mich großartig. Ich stehe gerade über den Dächern Tallinns und habe den wohl tollsten Ausblick des Tages durch Zufall gefunden.
St. Olai Kirche, der Tallinner Dom und Nikolaikirche Auf meinem Rundweg durch die Altstadt ging es noch an einigen anderen Kirchen vorbei, z.B. der St. Olai Kirche, die von 1549 – 1625 mit 159 Metern das höchste Gebäude der Welt war. In den Sommermonaten kann man vom Kirchturm aus einen schönen Blick auf Tallinn genießen, in den Wintermonaten sind die Aussichtsplattformen leider geschlossen.
Der Tallinner Dom, der unweit der Alexander-Newski-Kathedrale auf dem Domberg liegt, ist ein weiteres Wahrzeichen Tallinns und einen Besuch wert. Es gibt die Sage, dass dort ein Mann namens Thuve beerdigt ist und sein Geist bis heute sein Unwesen treibt und jungen Frauen bis heute unter die Röcke schaut. Die Nikolaikirche befindet sich unweit der Newski-Kathedrale und fügt sich mit den anderen Kirchen schön ins Stadtbild Tallinns ein.
Der Hellemann Turm mit seiner begehbaren Stadtmauer bietet einen tollen Blick über die Stadt. In ihm befindet sich ein Café, so richtig schön touristisch und teuer, also ging es direkt dran vorbei. Angrenzend befindet sich die Patkulsche Aussichtsplattform, die einem einen weiteren schönen Ausblick über Tallinn beschert. 157 Stufen verbinden den Domberg mit der Unterstadt, welche zum ältesten Teil Tallinns gehört. Fazit Tallinn lohnt sich auf jeden Fall, auch für einen Tag. Die Jahrhunderte alte Geschichte, die historischen Gebäude, die engen, verwinkelten Gassen. Die alten Häuser, die Freundlichkeit der Menschen und die beeindruckende Sauberkeit der Stadt. Es gibt an fast jeder Ecke etwas neues zu entdecken, viele Kirchen, die Stadtmauern, Museen, die Wachtürme und nicht zu vergessen: die tollen Ausblicke. Preislich gesehen ist Tallinn auf jeden Fall höher anzusiedeln als z.B. Riga, was dich allerdings nicht abhalten sollte, der wunderschönen Hauptstadt Estlands einen Besuch abzustatten.
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